Donnerstag, 10. September 2015

Das große Fragezeichen: Wie geht es weiter?

 

Die Frage nach dem WARUM


Die Sommerpause ist vorbei, es gibt die ersten Termine für die KollegInnen des SuE um die weiteren Aktionen und mögliche Streikstrategien zu besprechen. Die Arbeitgeber haben Sommerpause und Sommerloch gut genutzt um ihr Thema ("Es ist kein Geld da!" "Streik schadet Eltern und Kindern!") in der Öffentlichkeit zu halten. Die Gewerkschaften haben diese Zeit leider ungenutzt verstreichen lassen und waren in der Öffentlichkeit weder sichtbar noch hörbar. Viele KollegInnen sind, wie ich, sauer, enttäuscht oder verärgert darüber. Warum wurde auf die Angriffe der Arbeitgeberseite nicht reagiert? Warum wurde auf Diskussionen im Internet nicht reagiert? Warum wurde auf Berichterstattung nicht reagiert? Warum gab es keine internen Infos wann und wie genau es weitergehen kann? Warum gab es keine Termine in den Bezirken an denen diejenigen die keinen Urlaub hatten sich weiterhin austauschen und planen konnten?

Auf den Treffen jetzt zeigt sich: Wir sind weniger geworden, und diejenigen, die da sind, sind zum Teil nicht mehr sicher, ob ihre Gewerkschaft den Kampf um die Aufwertung des SuE wirklich wieder aufnehmen will. Es gibt keine Aussage von Frank Bsirske dazu, einzig die hauptamtlichen FachbereichssekretärInnen und -leitungen sind ansprechbar. Und diese scheinen für die weitere Planung einige Vorgaben bekommen zu haben die nicht zu dem passen, was die Beschäftigten des SuE sich vorstellen.

Verhandlungstermine ohne Streikbegleitung


Die Termine für die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der VKA stehen für Ende September fest. Zwei Tage sind terminiert, ein Tag für die "Randgruppen", ein Tag für die Kitas. Sollten diese Verhandlungen aus der Sicht der Bundestarifkommission (BTK) zum Erfolg geführt haben, wird es zur Urabstimmung kommen. Aktionen oder gar Streikaufrufe für die Tage rund um die Verhandlungen: Fehlanzeige. Still und leise wollen VKA und Gewerkschaften verhandeln, ohne Druck von den Mitgliedern, ohne großes Aufsehen, ohne Augenmerk der Öffentlichkeit auf die Wichtigkeit dessen, worüber dort verhandelt wird. Denn es geht immer noch um nicht weniger als die Aufwertung eines ganzen Berufsfeldes, die Aufwertung des SuE!
Streiks sind erst für Mitte Oktober geplant, mit Rücksicht auf die Sommerferien in Süddeutschland und die daran anschließende Eingewöhnungszeit der Kinder in den Kitas. Die Eltern sollen nicht verägert werden... Streikaufrufe in den anderen Bereichen des SuE, die weder mit der Eingewöhnung noch mit den Eltern direkt in Verbindung stehen sind nicht vorgesehen. Die Randgruppen sollen Randgruppen bleiben und hinter den Kitas und den Bedürfnissen von Kindern und Eltern zurückstehen. 

Warum?

 

Warum wird die Zeit bis zu den Verhandlungen im September nicht genutzt um gute und öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Begleitung der Verhandlungen zu planen? Warum sollen nicht alle KollegInnen zum Streik aufgerufen werden um unser Anliegen in der Öffentlichkeit wieder in Erinnerung zu rufen? Warum zieht verdi es noch nicht mal in Betracht, daß diese Tarifauseinandersetzung, in der es um so viel mehr geht als um ein paar Euro mehr auf dem Konto, länger dauern darf als nur ein paar Wochen oder Monate? Warum sollen wir nicht können und vor allem dürfen was die Lokführer und Piloten uns seit Jahren erfolgreich vormachen: Mit langem Atem und ungebrochenem Mut für unsere großen Ziele einstehen und immer wieder unbequem auf uns aufmerksam machen bis wir bekommen was uns zusteht: Die Aufwertung unserer Berufe!? Ist es wichtiger, daß es einen Bundeskongreß gibt auf dem ein Vorsitzender (wieder)gewählt werden soll? Ist es wichtiger, daß vom Streik betroffene Personengruppen besänftigt werden? Ist es wichtiger die Gemüter der Schlichterherren zu hofieren indem man auf Grundlage ihres Schlichterspruchs ein Ergebnis herbeiführt das den Ansprüchen der Basis nicht genügt? Ist es wirklich nicht möglich die allgemeinen Tarifverhandlungen im Frühjahr 2016 ganz klar von den Tarifverhandlungen zur Eingruppierung des SuE zu trennen? War es vielleicht sogar beabsichtigt die Streikbereitschaft und die Motivation für die eigene Sache einzustehen durch die lange Sommerpause zu schwächen?
Zugegeben, das sind jetzt zum Teil wirklich schwerere Vorwürfe oder Vermutungen, aber die Frage die im Raum steht ist doch: Was wird für die Durchsetzung unserer Aufwertung von denjenigen getan, die durch uns bei der Urabstimmung für den unbefristeten Streik den Auftrag bekamen vor, neben und hinter uns zu stehen und uns mit allen notwendigen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen und sich wenn nötig auch in die Schußlinie zu stellen und uns mit dem Druck, der durch Medien, Veröffentlichte Meinung und Eltern entsteht, nicht allein zu lassen? Welche Motivation hatten diejenigen, die jetzt von der Bildfläche verschwunden sind und uns somit die Möglichkeit nehmen unsere Belange in die Öffentlichkeit zu tragen, diesen Tarifstreit mit uns zusammen anzugehen? 

Beim nächsten Mal dann ganz bestimmt!

 

Geht es hier um Posten, Mitgliederzahlen, Politikfreundschaften und Seilschaften oder geht es wirklich um uns, den SuE? Das ungute Gefühl macht sich breit, daß bereits beschlossen sein könnte, daß wir, die Beschäftigten des SuE, uns wieder einmal mit dem winzigen Spatz in der Hand zufrieden geben sollen, die Taube gibt es dann beim nächsten Mal (oder beim übernächsten, oder überübernächsten oder nie). Wir haben uns so oft schon vertrösten lassen auf das "nächste Mal", haben winzigsten Schrittchen in Richtung Aufwertung zugestimmt mit der Hoffnung, das "nächste Mal" die Unterstützung zu erfahren, die uns unserem Ziel ein großes Stück näher bringt, haben stillgehalten und unseren Unmut hinuntergeschluckt, haben uns hinhalten lassen und KollegInnen von der Notwendigkeit einer Gewerkschaftszugehörigkeit überzeugt um dem Argument, wir wären nicht ausreichend organisiert und streikbereit entgegenzuwirken, um jetzt zu erfahren, daß wir "beim nächsten Mal dann ganz bestimmt" dran sind...
Zu Recht fühlen viele KollegInnen sich demoralisiert von der Arbeitshaltung der Gewerkschaftsführung, fühlen viele sich, ihren Mut und ihr Engagement nicht wertgeschätzt und anerkannt. Was sind wir? Ein Spielball den man mal eben aus dem Schrank holt wenn es gerade paßt, ein bißchen lustig durch die Luft wirft - das sieht ja auch hübsch aus, so bunt und lebendig - und wieder wegpackt wenn es anstrengend wird? Daß es nicht einfach wird unsere Aufwertung bei den Arbeitgebern durchzusetzen war von vorneherein klar, daß eine Gewerkschaft wie verdi, die viele sehr unterschiedliche Branchen und Berufsgruppen vertritt bzw. vertreten will und soll, es schwerer hat als eine Spartengewerkschaft sich auf eine spezielle Gruppe im Arbeitskampf auszurichten, sollte allen ebenfalls vor Beginn der Streiks bewußt gewesen sein. Wenn man trotz alledem den Kampf um die Aufwertung des SuE aufnimmt und den Beschäftigten (endlich!) die Möglichkeit einräumt für ihre Belange einzustehen und zu kämpfen, dann darf man diesen Kampf nicht aus undurchsichtigen (oder persönlichen) Gründen aufgeben oder abbrechen bevor nicht ein wirklich akzeptables Ergebnis für alle unterschrieben auf dem Tisch liegt.
Die Urabstimmung wird vorraussichtlich unabhängig vom verhandelten Ergebnis positiv für eine Annahme des Ergebnisses sein, denn wenn man sich nicht unterstütz, sondern verarscht fühlt, dann sieht man auch keinen Sinn mehr darin weiterzumachen und das große Ziel der Aufwertung mit der Gewerkschaft zu verfolgen. Ich hoffe, daß das, worauf wir jetzt anscheinend zusteuern, nicht dazu führt, daß es nach Ende der Frist bis zu der das Streikgeld zurückgezahlt werden muß, eine Austrittswelle gibt, sondern daß es eine Palastrevolution geben wird, und zwar eine, die sich gewaschen hat. Denn wer A sagt muß auch B sagen und wer das nicht tut muß mit Widerstand rechnen, Resignation wäre fehl am Platz.


Es gibt noch viel zu tun, packen wir es an!




Samstag, 29. August 2015

SuE gegen Rassismus

DAS GEHT GAR NICHT!


 
Der Städte- und Gemeindebund in Person von Herrn Landsberg und Frau Lohse reitet auf der derzeit sehr modernen Welle der Rassismusunterstüzung um den Tarifkonflikt des SuE in eine neue Phase zu treiben. (Quelle) Ich habe mir bis heute ja einiges von Seiten der Arbeitgeber und ihren UnterstützerInnen vorstellen können, aber diese "Argumentation" war sogar für die phantasievollste Kampfente so nicht vorhersehbar:
Geflohene und diejenigen die sie hier in Deutschland unterstüzten sollen gegeneinander ausgespielt und aufgewogen werden. Wir kennen es seit Monaten, das Gejammer um die leeren Kassen, die ach so hohen Kosten der sozialen Aufgaben des Staates die der Bund den Kommunen aufdrückt, und um die bösen ErzieherInnen in den Kitas, die es den Eltern unmöglich machen ihren Berufen nachzugehen. Ja, wir sind in Phase drei ,  aber damit haben wir nicht rechnen können.


Angebliche "VerantwortungsträgerInnen" agieren als geistige BrandstifterInnen


Die mediale Verkürzung des Sozial- und Eziehungsdienstes auf den Bereich der Kitas führt jetzt dazu, daß auch diejenigen, die es besser wissen, grob fahrlässig ausblenden, daß ohne die Beschäftigten des SuE noch sehr viel höhere Kosten für diverse soziale staatliche Aufgaben anfallen würden. Diese "VerantwortungsträgerInnen" spielen bewußt und gezielt mit dem Feuer und legen die Grundlage für die diversen Anschläge und "Ich hab ja nichts gegen..., aber"-BedenkenträgerInnen-Argumentation. Gleichzeitig wollen sie die Sympathien derjenigen die den SuE-Kampf um Aufwertung unterstützen von den Beschäftigten des SuE weg hin zu den Geflohenen und AsylbewerberInnen lenken und uns dadurch als diejenigen dastehen lassen die den Menschen, die unsere Unterstützung am nötigsten haben, das wenige was die Kommunen ihnen zu geben bereit sind aus egoistischen Gründen ganz allein für sich fordern.

Die KollegInnen des SuE arbeiten u.a. mit minderjährigen unbegleiteten Geflohenen, in den Erstaufnahmestellen für Geflohene, in Projekten gegen Rassismus und Faschismus und in den Nazi-Aussteigerprogrammen. WIR "verursachen" durch unsere Arbeit die "Kosten" die die Kommunen laut Städte- und Gemeindebund (DStGB) nicht aufbringen wollen. Ohne SuE funktionierte das alles nicht. Uns jetzt in die rassistische Ecke zu stellen, weil wir die ‪Aufwertung unserer Berufe fordern ist armselig, unmoralisch und geschieht ganz offensichtlich aus niederen Beweggründen. Uns und unser Anliegen zu diffamieren und gleichzeitig denjenigen, die Haßparolen gröhlend durch die Städte und Dörfer "spazieren" bis (wieder mal) eine Unterkunft für AsylbewerberInnen brennt, eine Argumentationsgrundlage für ihren Rassismus zu liefern, ist unmoralisch, widerwärtig und demokratiefeindlich. Es zeigt, wes Geistes Kind die VertreterInnen des deutschen Städte- und Gemeindesbundes sind und wie wenig ihnen an einer friedvollen, demokratischen, inklusiven und antirassistischen Gesellschaft gelegen ist in der alle Menschen gut leben können. Art 1 GG sagt, die Würde des Menschen ist unantastbar, diesem Grundgesetz sind auch die VertreterInnen des DStGB verpflichtet, oder sie sollten es sein. Die Geflohenen jetzt als Druckmittel in einem Arbeitskampf einzusetzen mit dem diese nichts, aber auch gar nichts, zu tun haben, auf den sie nicht einwirken können, widerspricht dem Grundgesetz und jedem Anstand.

Jetzt müssten etliche Mirkofone dem verdi-Vorsitzenden Frank Bsirkse entgegengestreckt werden für eine klare, deutliche Stellungnahme gegen den Rassismus und die Niedertracht die die Aussagen des Herrn Landsberg und der Frau Lohse zutage treten ließen. Doch bisher herrscht Schweigen, wie so oft...


Wir brauchen einen (Shit)Sturm der Entrüstung JETZT!

‪#‎SuE‬: Gegen (Alltags)Rassismus, ‪#‎Refugees‬ wellcome!

Teilen, veröffentlichen, bekannt machen, Position ergreifen. ALLE! JETZT!





Mittwoch, 12. August 2015

Ein Brief an die Eltern


Aus aktuellem Anlaß: Ein Kommentar zur Pressemitteilung der BEVKI

 



 Liebe Eltern,


ein wie auch immer gearteter und besetzter „Kitagipfel“ wird diesen Tarifstreit nicht beenden oder befrieden, denn es gab und gibt keinen Kita-Streik! Es handelt sich um die Tarifauseinandersetzung des kommunalen SOZIAL-UND ERZIEHUNGSDIENSTES (SuE), also ALLER Beschäftigten in diesen Tätigkeitsfeldern. Dazu gehören natürlich auch die Kitas, auf die sich die Berichterstattung sehr fokussiert, aber auch viele andere Bereiche zu denen die meisten Menschen in ihrem Alltag keinen Kontakt haben. Beispielhaft genannt seien hier die Bereiche Jugendamt, Behindertenhilfe, Werkstätten für Behinderte, Allgemeiner Sozialdienst, Streetwork, Beratungstätigkeitsfelder, Flüchtlingshilfe, Horte, Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, Sozialberatung in Altenpflegeeinrichtungen, Häuser der Jugend, Mutter-Kind-Kureinrichtungen und noch viele mehr.
Für alle diese Bereiche und Berufe fordern wir die lange fällige Aufwertung, der Schlichterspruch sah leider nur für einige wenige Beschäftigte im SuE wirkliche Verbesserungen vor und war von einer wirklichen Aufwertung sehr weit entfernt. Ich freue mich über die Unterstützung der Eltern für unser Anliegen, viele SuE-Beschäftigte sind ja auch selbst Eltern und wissen, wie wichtig gute und verlässliche Kinderbetreuung ist, doch mussten wir in den Monaten vor Beginn der Streiks im SuE feststellen, daß die kommunalen Arbeitgeber nicht willens sind uns auch nur ein kleines Stück entgegen zu kommen. Durch das Verhalten der VKA, die den Streik aussitzen und die Beschäftigten „am langen Arm verhungern“ lassen wollte, wurde die Tarifauseinandersetzung unnötig in die Länge gezogen. Es ist ausreichend Geld für eine wirkliche Aufwertung vorhanden, allein fehlt der politische Wille es für den SuE einzusetzen. Streik ist ein Grundrecht, das die Beschäftigten im SuE ebenso in Anspruch nehmen wollen (und dürfen!) wie die Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie, der Müllabfuhr oder die Piloten. Wir entscheiden uns, gerade aufgrund unseres sensiblen Tätigkeitsbereichs und aufgrund der Tatsache, daß wir den Menschen, die auch direkt von unseren Streiks betroffen sind, täglich in die Augen sehen, nicht leichtfertig für den Streik. Dennoch ist er ein legitimes und mitunter das einzig wirksame Mittel um die Arbeitgeber in Tarifkonflikten zu einem Angebot zu bewegen. Dies war auch in dieser Tarifauseinandersetzung der Fall, ich bin mir sicher, daß es ohne Streik immer noch kein Angebot der VKA geben würde. Jetzt ist die Politik am Zug die so gern gehaltenen Sonntagsreden in Form von Gesetzesvorhaben in den Bundestag einzubringen und z.B. dafür zu sorgen, daß der Bund sich ausreichend finanziell an den gesamtgesellschaftlichen Aufgaben des SuE beteiligt. Sollte dies nicht geschehen wird es bald dazu kommen, daß der Beruf der Erzieherin, Sozialarbeiterin oder Heilerziehungspflegerin so unattraktiv ist, daß ihn niemand mehr ausüben will (oder sich leisten kann ihn auszuüben). In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Das ist die Frage, die sich hier stellt. Die Beschäftigten des SuE wollen eine Gesellschaft, in der alle Menschen gut leben können und in der die Arbeit mit und für Menschen wertgeschätzt und angemessen vergütet wird. Dafür kämpfen wir, wenn es nötig ist auch mit Streik.

Erst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich, und dann gewinnst du (Ghandi)


Die Berichterstattung in Phase drei

 

Die Streikdelegiertenkonferenz hat, wie die Mitgliederbefragung, den Schlichterspruch abgelehnt, die Gewerkschaftsführung ist dieser Auffassung gefolgt und die BTK hat am 11.8.2015 ebenfalls die Ablehnung des Schlichtungsergebnisses bekannt gegeben. Es ist also alles wieder offen, alles zurück auf Start. Die Berichterstattung in den Medien (TV, Radio, Presse, Internet) jedoch fängt genau dort wieder an wo sie am Ende des aktiven Streiks aufgehört hat: Beim Rumjammern über belastete Eltern und Kinder auf deren Rücken der Tarifstreit ausgetragen wird, beim Ignorieren aller Nichtkita-Berufsgruppen und Tätigkeitsfelder im SuE und beim Nichtbeachten des Verhaltens der VKA als einen wesentlichen Teil dessen was den Tarifstreit so verschärft und in die Länge gezogen hat. Zwischenzeitlich kam die Hoffnung auf die berichterstattendenden JournalistInnen hätten bemerkt, daß es hier nicht ausschließlich um Kitas geht, daß die von der VKA vorgelegten Zahlen schlichtweg falsch sind oder daß es um grundlegenderes geht als um eine normale Lohnrunde (diese folgt im März 2016, völlig unabhängig von der derzeitigem Auseinandersetzung). Leider wurde diese Hoffnung schon mit den ersten Berichten zur Streikdelegiertenkonferenz zunichte gemacht, denn überwiegend wurde ein Szenario heraufbeschworen das in der Form weder beschlossen noch aktuell war: Der durchgehende Streik in den Kindertagessstätten. 
Daß es im SuE um mehr als Kitas geht: Keine Erwähnung wert
daß ErzieherInnen nicht nur in Kitas arbeiten: Wen kümmerts, 
daß es für die Beschäftigten im SuE nicht 2-4,5% mehr Gehalt geben sollte, sondern für etliche Berufsgruppen oder Lohnstufen 0-2% mehr vorgesehen waren: egal,
daß eine kleine Erhöhung der Beträge in den Gehaltsstufen keine grundlegend neue Einstufung der Tätigkeiten im SuE sind und schon deshalb an den Forderungen der Beschäftigten weit vorbei gehen: Geschenkt,
daß Beschäftigte im SuE mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung bei Wechsel des Arbeitsplatzes auf die Gehaltsstufe einer fortgeschrittenen Anfängerin heruntergestuft werden: Interessiert doch niemanden.
Statt dessen Streikbashing, anklagende Kinderaugen ("Wir wollen wieder in die Kita!")  und allgemeines Schuldgefühlemachen (die bösen ErzieherInnen lassen die Eltern mit ihren Nöten im Stich). Ein paar warme Worte aus Berlin und anderen Orten die die Notwendigkeit einer Einigung die eine doch so berechtigte Aufwertung beinhaltet hervorheben, denen aber natürlich auch diesmal keine Taten in Form von Gesetzesvorlagen etc. folgen werden, statt dessen das Leere-Kassen-Argument.
Glauben diejenigen, die jetzt (wieder) so für die Arbeitgeberseite schreiben wirklich, daß sich die Beschäftigten des SuE dadurch so beeindrucken lassen, daß es nicht zu weiteren Streiks kommen wird? Glauben sie wirklich, daß wir weiterhin bereit sind unsere Arbeitskraft für ein Lächeln zur Verfügung zu stellen? Haben sie nicht bemerkt, daß wir entschlossen und konsequent unsere Ziele auch gegen Widerstände verfolgen? Können sie sich wirklich nicht vorstellen, daß wir stark genug sind diesen Gegenwind auszuhalten?
Dann haben sie nicht verstanden, daß es in vielen Bereichen des SuE an der Tagesordnung ist sich stark gegen Widerstände zu behaupten, daß Konsequenz täglich von uns gefordert wird, daß vom Schimpfwort bis zum Butterflymesser täglich alles nur denkbare um unsere Ohren fliegt, und das nicht nur zu Kitaöffnungszeiten, sondern auch früh morgens, spät abends, nachts, am Wochenende und an Feiertagen. Wir haben sehr viel mehr verdient als ein beleidigendes "Angebot", und wir haben bei Bedarf einen langen Atem auch gegen Widerstände, in unserer täglichen Arbeit mit und für Menschen ebenso wie jetzt für unsere eigenen Belange. Es wäre schöner, wenn die Berichterstattung differenzierter, weniger stimmungsmachend, informativer und objektiver wäre, aber daß sie es nicht ist zeigt, daß wir mit unserem Willen, uns für unsere Ziele einzusetzen, ernst genommen werden. Denn wen man nicht ernst nimmt muß man nicht bekämpften. Richten wir uns also auf einen langen Arbeitskampf ein der von einigen unschönen Berichten und von etlichen unwahren Behauptungen begleitet sein wird....

und dann kommt Phase 4!




 

 





Freitag, 7. August 2015

Nach der Befragung ist vor der Konferenz

 

Gedanken darum wie es nach der Mitgliederbefragung weiter geht


Vor zwei Tagen endete die (fast) bundesweite Mitgliederbefragung von verdi und es tut sich wieder was in den Foren, in den Gruppen im Netz und vor Ort und unter den KollegInnen in den Teams auf Arbeit. Fast habe ich das Gefühl ein Winterschlaf wird beendet. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung wird offiziell am Samstag den 8.8.2015 auf der Streikdelegiertenkonferenz in Fulda bekannt gegeben. Die einzelnen Bezirke kennen ihre Antwort auf die Frage "Schlichterspruch ablehnen oder annehmen" schon, aber das Gesamtergebnis soll diesmal wirklich erst den Delegierten und danach der Presse mitgeteilt werden (und nicht umgekehrt.). Wann die restlichen Mitglieder vom Ergebnis erfahren ist anscheinend nicht einheitlich festgelegt, ich hoffe jedoch, daß es allerspätestens am Montag den 10.8.2015 ein Rundmail mit dem Ergebnis an alle Mitglieder geben wird. Die Presse wird bestimmt bereits am Samstagabend oder am Sonntag berichten. Die Stimmung im Netz sagt "Ablehnen und weitermachen!", die KollegInnen vor Ort sagen "Wir haben (HH: hätten) mit Nein gestimmt", die Gewerkschaftsführung sagt derzeit gar nichts, läßt aber durch die Hautpamtlichen darauf hinwirken den Schlichterspruch anzunehmen. Sicher wird sein, daß die Gewerkschaftsführung auf der Streikdelegiertenkonferenz wieder darauf hinaus will, daß der alle Beschäftigten im SuE beleidigende Schlichterspruch angenommen wird. Sicher ist aber auch, daß viele von uns das nicht wollen. Die Stimme der Delegierten muß Gehör auf den oberen Ebenen der Gewerkschaft finden und die Entscheidung der Mitglieder sollte nicht nur eine Orientierung, sondern bindend für die Entscheidung der BTK für oder gegen eine Annahme des Schlichterspruchs sein. Und es muß die notwendige Auseinandersetzung mit dem Vorgehen der Gewerkschaftsführung mit den Delegierten auf der letzten Konferenz in Frankfurt/M. geben, die fast allen immer noch übel aufstößt und die Stimmung unter den Streikenden wirklich sehr verschlechtert hat. Die sog. Basis will und muß ernst genommen werden, denn es gibt viele, die sich derzeit verraten und verkauft fühlen und sich fragen, warum wir überhaupt so viel Energie in eine Sache gesteckt haben, die zwar uns wichtig ist, nicht aber der "oberen Etage", und die dann einfach fallen gelassen wird wenn der "Unterbau" nicht so funktioniert wie es gewünscht wird.

Wir brauchen einen Status Quo der uns stark und mächtig macht und eine "Führung" die mutig ist

 

Wir wollen eine Aufwertung aller Berufe und Tätigkeiten im SuE, und wir wollen sie nicht irgendwann in näherer oder ferner Zukunft, sondern jetzt! Wir wollen mit Würde und mit erhobenen Häuptern aus diesem Arbeitskampf gehen, egal wie das Ergebnis aussieht, und wir sind nicht darauf aus noch heute, in dieser Woche oder in diesem Monat ein Ergebnis zu haben, nur damit es ein Ergebnis gibt. Es war und ist den meisten der Streikenden klar, daß eine Aufwertung nicht leicht zu bekommen ist, es ist uns auch klar, daß die VKA (und in Hamburg die AVH) alles dafür tun wird unsere Arbeitskraft weiterhin für ein Kinder- oder KlientInnenlächeln und ein Käfighaltungsei zu bekommen. Aber viele von uns sind nicht mehr bereit sich unter Wert zu verkaufen und unsere Arbeitskraft so günstig zur Verfügung zu stellen. 
Wenn das Ergebnis der Mitgliederbefragung "Ablehnen!" heißt, dann sollte auch die BTK und die Gewerkschaftsführung mutig genug sein den Schlichterspruch abzulehnen, mit allen Konsequenzen. Denn die Konsequenzen sind nicht so schlimm wie man uns glauben machten möchte. Es ist richtig, daß wir derzeit keine tarifliche Regelung für die Eingruppierung von neu eingestellten KollegInnen haben und einige Arbeitgeber dies bereits dazu nutzen um Neueinstellungen unter Tarifniveau vorzunehmen (Betriebsräte sollten solche Einstellungen ablehnen!). Für alle bereits eingestellten KollegInnen gilt aber der Bestandschutz der bisherigen Regelungen. Was kann denn passieren wenn wir den Status Quo des unbefristeten Streiks beibehalten? Unbefristeter Streik heißt nicht, daß alle Einrichtungen des SuE dauerhaft bis zur nächsten Urabstimmung bestreikt werden müssen, unbefristeter Streik heißt, daß wir jederzeit und ohne große Vorbereitungen ganz oder in Teilen den Streik wieder aufnehmen können, tageweise, wochenweise, in bestimmten Bereichen oder in einzelnen Betrieben. Es heißt, daß wir uns die Zeit nehmen können in Ruhe und ohne Druck miteinander nach Wegen zu suchen die uns zum Ziel führen. Es heißt auch, daß wir den Druck von den Hautpamtlichen in den Bezirken nehmen und uns Raum und Zeit für gründliche Diskussionen nehmen können um alle Mißstände im SuE in großen oder kleinen Gruppen zu benennen und Vorschläge für die nächsten Tarifverhandlungen zu machen. Wir können uns bundesweit vernetzen und mit dem Status "unbefristeter Streik" haben wir bessere Möglichkeiten auch bundesweite und bezirksübergreifende Treffen von Mitgliedern zur Koordination von Aktionen und zum Austausch untereinander zu organisieren und durchzuführen.
Dazu brauchen wir neben möglichst vielen aktiven Beschäftigten aus dem SuE vor allem eine Gewerkschaftsführung die stark und willens genug ist den wahrscheinlich sehr langen und unbequemen Weg zu einer wirklichen Aufwertung des SuE zu gehen. Die sich vor die Beschäftigten stellt und in der Öffentlichkeit präsent ist und unsere Anliegen deutlich vertritt, die mutig genug ist dem Mainstream der Berichterstattung entgegenzutreten und eine politische Debatte in Angriff zu nehmen (auch entgegen ihrer ggfs ureigensten persönlichen Interessen) die unsere Anliegen zum Anliegen der Gesellschaft macht für die wir arbeiten. Die GDL hat es vorgemacht, es hat 1,5 Jahre gebraucht um ihre Forderungen durchzusetzen, 1,5 Jahre in denen nicht durchgehend gestreikt, aber immer wieder auf den noch nicht gelösten Tarifstreit aufmerksam gemacht wurde. 1,5 Jahre in denen die meisten Berichte über den Arbeitskampf die GDL und ihre Mitglieder niedergeschrieben haben und der Anteil der Arbeitgeberseite an den langen und oft stockenden/stillstehenden Verhandlungen kaum in der Berichterstattung in Erscheinung trat. Trotz des starken Gegenwinds und der z.T. wirklich unterirdischen Berichterstattung haben die LokführerInnen und ihre Gewerkschaft nicht aufgegeben und sich mit dem kleinen Spatz in der Hand in ihr Schicksal gefügt, sie haben gekämpft bis die Taube vom Dach war. Und das wollen wir auch! 

Wer nicht bereit ist diesen Weg mit uns zu gehen ist, bei Licht betrachtet, auch nicht an einer wirklichen Aufwertung unserer Berufe und Tätigkeiten interessiert. Wer dann welche Konsequenzen aus der eventuellen Aufgabe des Kampfes für unser wichtiges Anliegen zieht ist jeder und jedem selbst überlassen, doch Konsequenzen werden gezogen werden, und ich hoffe, daß es im Fall einer Annahme des Schlichterspruchs nicht zu dem (für mich nachvollziehbaren) Mitgliederschwund kommt der im Netz jetzt schon angekündigt wird...


Freitag, 24. Juli 2015

Der Blog mit der Kampfente - Wir sind noch lange nicht fertig

#Aufwertung für alle jetzt (erst recht)!

 

Die Tarifauseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) ist noch nicht beendet, die aktiven Streiks sind ausgesetzt, der Status Quo des unbefristeten Streiks besteht aber nach wie vor. Der Schlichterspruch vom Juni 2015 ist eine Beleidigung für alle Beschäftigten des SuE und von einer Aufwertung so weit entfernt wie die Erde von der Sonne. Die Arbeitgeber stellen sich stur und verweisen auf leere kommunale Kassen, die Gewerkschaftsführung empfiehlt sich mit dem Spatz in der Hand zufrieden zu geben. Viele KollegInnen wollen aber lieber in Würde und ohne eine finanzielle Aufwertung aus diesem Streit gehen als sich mit einem demütigenden Almosen für einige abspeisen zu lassen. Die Mehrheit der Mitglieder wird in einer derzeit laufenden Befragung um ihre Einschätzung des unsäglichen Schlichterspruchs gebeten. Alle hamburger Mitglieder sind mit der Begründung sie hätten nur aus Solidarität mit den KollegInnen aus den anderen Bezirken gestreikt von der Befragung ausgeschlossen worden. Die Streikdelegiertenkonferenz hat mit großer Mehrheit den Schlichterspruch abgelehnt und soll im August das Ergebnis der Mitgliederbefragung bewerten. (Übrigens werden hier Delegierte aus Hamburg gleich- und stimmberechtigt mit allen anderen an der Streikdelegiertenkonferenz teilnehmen.) Die Delegiertenkonferenz soll dann eine Empfehlung an die Bundestarifkommission (BTK) zum Umgang mit dem Befragungsergebnis aussprechen. Die BTK bewertet das Ergebnis dann anschließend, die Empfehlung der Delegiertenkonferenz und das Ergebnis der Befragung sind für die BTK und ihr weiteres Vorgehen in der Tarifauseinandersetzung nicht bindend. D.h. die BTK kann den Schlichterspruch annehmen auch wenn die Mehrheit der Mitglieder dies nicht will.

Die Zeit ist mehr als nur reif für eine grundsätzliche Aufwertung aller Tätigkeiten im SuE. Niemand hat uns Beschäftigten zugetraut, daß wir uns so engagiert und motiviert und vor allem mit so vielen Menschen für unsere Forderung nach mehr (auch finanzieller) Anerkennung unserer Arbeit und Berufe einsetzen - auch die Gewerkschaften nicht. Niemand hat geglaubt, daß diejenigen, von denen stets empathisches Engagement und Interesse für die Belange anderer erwartet wird, die eigenen Bedürfnisse nicht mehr länger hintanstellen wollen und können. Niemand hat uns diese Konsequenz und Durchhaltekraft zugetraut, waren wir doch immer diejenigen, die als "nicht streikfähig", "zu wenig gewerkschaftlich organisiert" und auch "zu empathisch mit den vom Streik Betroffenen" galten. Damit ist jetzt Schluß, und das ist gut so! Sollte dieser Tarifstreit ein für uns beleidigendes und herabwürdigendes Ergebnis bringen, das zudem auch noch etliche Tätigkeitsfelder ganz ausschließt, dann wird es aller Wahrscheinlichkeit nach weiteren Streit geben - diesmal allerdings gewerkschaftsintern.  Wir sind noch lange nicht fertig!



Ooooch, DAS ist ja toll! DAS könnte ich aber nicht...!

Warum ich für Geld und nicht für Dankbarkeit und Liebe arbeite

 

Ich bin Erzieherin und ich arbeite nicht in einer Kita. Huch...  schon das allein verwirrt einige Mitmenschen die keine Vorstellung davon haben, wie groß der SuE wirklich ist, und wie vielfältig. Ich arbeite in einer pädagogisch betreuten Wohneinrichtung für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung, besser bekannt als "Behindertenwohnheim". Ich mache keine Pflege, ich arbeite nicht mit PatientInnen und ich habe keine medizinischen Kenntnisse die über das normale und alltägliche hinausgehen. Oft, wenn ich gefragt werde was ich beruflich mache, kommt dann der berühmt-berüchtigte Satz:" Ooooch, das ist ja toll! Das könnte ich aber nicht...!". Natürlich könnte das Person XY nicht, in der Regel hat sie weder eine Fachausbildung für meine Tätigkeit noch die leisete Ahnung davon was ich eigentlich tue. Häuftig folgt dann der Satz:" Die sind ja aber auch sooo liebenswert, und Die geben einem ja auch so viel Liebe und Dankbarkeit zurück!" Hm..., erstmal sind Die ebenso unterschiedlich wie alle anderen Menschen auch, zweitens möchte ich weder Dankbarkeit noch Liebe von den Menschen die ich in ihrem Alltag unterstütze und betreue, und drittens ist ein professionelles Verhältnis zu den BewohnerInnen unabdingbar für eine gute Arbeit. Dankbarkeit und Liebe sind Attribute einer freundschaftlichen, emotionalen und sehr persönlichen Beziehung und würden mich und meine KollegInnen in allen Bereichen des SuE daran hindern meine/unsere Arbeit professionell, fachlich und gut zu tun. Mal ganz abgesehen davon, daß wohl niemand wirklich dankbar ist wenn sie oder er zum x-ten Mal am Tag zum Duschen oder Mülldienst aufgefordert wird ;-)

Ohne Bezahlung würde ich den Job nicht machen

 

Für das was ich tue habe ich eine Ausbildung genossen, Erzieherin ist ein staatlich anerkannter Beruf den nicht jedeR mal eben so ausüben kann und sollte. Neben der persönlichen Qualifikation erfordert die Arbeit eine hohe fachliche Kompetenz, ständige (Selbst-)Reflexion und die Bereitschaft zur Fort- und Weiterbildung. In der Behindertenhilfe bedeutet es außerdem, daß im Schichtdienst gearbeitet wird, an Wochenenden, Feiertagen, früh morgens, abends und nachts, daß man verbalen und körperlichen Aggressionen und Angriffen ausgesetzt ist und bei all dem die persönliche Psychohygiene niemals vernachlässigen sollte. Selbstverständlich kann das nicht jedeR... Und deshalb arbeite ich nicht für das Lächeln der BewohnerInnen oder die hilflose "Bewunderung" von Mitmenschen die nicht wissen, was sie sagen sollen. Ich arbeite für GELD! Wie alle anderen Menschen in ihren Berufen auch. Das mag für die eine oder den anderen tatsächlich erschreckend sein, aber weder Lächeln noch Dankbarkeit zahlt meine Rechnungen. Was viele aber noch mehr erschreckt als die Tatsache, daß ich wirklich Geld für meine Arbeit verlange ist die Höhe des Gehalts das ich dafür bekomme. Viele setzen sich erstmal oder fragen nach, ob das "netto" ist... Wenn sie dann hören, daß ich schon über 20 Jahre im Beruf bin und all meine Erfahrungsstufen sofort verliere wenn ich den Arbeitsplatz wechseln würde kommt meist ein langes Kopfschütteln und dann gar nichts mehr. Im persönlichen Gespräch wird mir oft versichert, daß meine Arbeit soooo wichtig sei und daß ich und alle anderen im SuE doch eigentlich sehr viel mehr verdienen müßten als das, was wir tatsächlich bekommen. Ja, das sehe ich auch so. Deshalb ist es auch an der Zeit, endlich etwas an dem Ansehen und der Bezahlung der Beschäftigten und der Tätigkeiten im SuE zu verändern und den Bereich anständig aufzuwerten. Nicht nur, aber auch finanziell, denn Anerkennung im beruflichen Bereich hängt in unserem Land zwingend mit der Bezahlung zusammen. Mit den sogenannten "LeistungsträgerInnen", von denen so gern gesprochen wird, sind äußerst selten diejenigen gemeint die für die Gesellschaft arbeiten, sondern diejenigen, die überdurschnittlich gut verdienen (egal für was). Auch da sollte (muß) sich einiges am Blickwinkel der Verantwortlichen ändern.

Mein Arbeitsplatz - Dein Lebensmittelpunkt

 

Ich arbeite in einer Wohneinrichtung, d.h. die Menschen mit denen und für die ich arbeite sind dort zuhause. Sie sind erwachsen und wollen unabhängig von ihren Eltern und anderen Angehörigen als Erwachsene leben und wahrgenommen werden, so wie alle anderen Menschen auch. Sie haben in der Wohngruppe ihren Lebensmittelpunkt, verbringen dort die meiste Zeit des Tages und erwarten zu recht, daß ihre persönlichen Wünsche und Bedürfnisse die Grundlage meiner Arbeit sind. Das erwartet auch die zahlende Behörde und der Einrichtungsträger. Doch je schlechter meine Arbeitsbedingungen sind, desto schlechter sind auch die Lebensbedingungen der Menschen die in der Einrichtung wohnen. Wenn zuwenig Personal zur Verfügung steht, Dienste zu oft mit nur einer Erzieherin besetzt sind, die KollegInnen überlastet sind, administrative Arbeit die Zeit für die Arbeit mit den Menschen nimmt, die Räumlichkeiten ein gutes Arbeiten nicht möglich machen, dann hat das alles direkten Einfluß auf das Leben der Menschen mit Behinderung die in einer solchen Einrichtung wohnen. Großen Einfluß hat auch, ob die Trägerleitung die ErzieherInnen befristet oder unbefristet einstellt, denn unnötige Befristungen erschweren die Beziehungsarbeit und das für beide Seiten notwendige Vertrauen ineinander, das eine gute pädagogische Arbeit erst möglich macht. Gerade die Arbeit mit Menschen erfordert Kontinuität und Verlässlichkeit. Doch nicht nur die vom Träger zu verantwortenden Befristungen tragen zum häufigem Wechsel im stationären Bereich der Behindertenhilfe bei, die Arbeitsbedingungen, die mäßige Bezahlung, der Schichtdienst, die oftmals nicht gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und nicht vorhandene Aufstiegsmöglichkeiten veranlassen viele KollegInnen schon nach durchschnittlich 5-7 Jahren (es gibt dazu unterschiedliche Zahlen) einen neuen Tätigkeitsbereich oder gar einen neuen Beruf anzustreben. Tarifbindung ist selten geworden, in Hamburg gibt es nur noch einen einzigen Träger der stationären Behindertenhilfe der tarifgebunden ist und nach kommunalem Tarif zahlt. Es gibt Haustarifverträge, aber die sind oft deutlich schlechter für die Angestellten als der kommunale Tarif. Es ist an der Zeit im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention die Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderung die in stationären und ambulanten Wohneinrichtungen wohnen und betreut werden, deutlich zu verbessern. Und das geht nur, wenn auch die Arbeitsbedingungen für die dort beschäftigten ErzieherInnen, SozialpädagogInnen, HeilerzieherInnen, HeilerziehungspflegerInnen, Nichtfachkräfte im Assistenzdienst und Hauswirtschaftskräfte deutlich verbessert werden. Das kostet Geld, klar, aber schöne Sonntagsreden allein bringen nichts. Das Geld ist da, in diesem Bereich könnte man damit viel Gutes tun und bestimmt ist dann auch die eine oder der andere ein bißchen dankbar und schenkt den Verantwortlichen ein Lächeln...

Wir sind ein Sonderfall - Warum Solidarität nicht heißen kann, daß man nicht gefragt wird...

ver.di befragt die Mitglieder zum Schlichterspruch des SuE - alle außer die HamburgerInnen. Und ich frage mich: Warum?

 

Die hamburger Arbeitgeber sind nicht in der VKA organisiert, sondern schon seit etlichen Jahren (Jahrzehnten) in der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH). Mit dieser werden die Tarifverträge für die hamburger kommunalen Dienste abgeschlossen. Die AVH ist Beisitzer in den Verhandlungen mit der VKA, hat dort aber kein Stimmrecht. Auch hamburger ver.di-KollegInnen sitzen in der Bundestarifkommission. Soweit, so gut.
In Hamburg gab es, wie in allen anderen Bezirken auch, Warnstreiks im Frühjahr. Die hamburger KollegInnen haben, wie alle anderen auch, an der Urabstimmung teilgenommen und für einen unbefristeten Streik unserer Forderungen gestimmt. Auch die Eingruppierungsregelungen der hamburger KollegInnen sind gekündigt, ebenso wie die aller anderen Bezirke. In den Warnstreikzeiten und in den vier Wochen Streik im Mai und Juni waren täglich viele KollegInnen auf der Straße, zuletzt täglich mehr als 1000, wir hatten eine Großdemo in HH und sehr viele engagierte KollegInnen auf den Streikaktiventreffen. Von anfänglich 6-15 anwesenden KollegInnen auf den Treffen hat sich die Zahl um ein vielfaches erhöht (ich schätze jetzt mal auf ca 100, gezählt habe ich nicht). Außerdem haben wir mit Delegierten an der bundesweiten Streikdelegiertenkonferenz teilgenommen, gleich- und stimmberechtigt wie alle anderen auch.
Jetzt wird Hamburg mit dem Argument, das alles hätte nur aus Solidarität mit den anderen verdi-Bezirken und den KollegInnen dort stattgefunden, von der niemanden bindenden Mitgliederbefragung ausgeschlossen. Die Frage ist wirklich: warum? Wir haben ebenfalls noch kein Angebot von der AVH, im Gegenteil, der letzte Verhandlungstermin wurde mit der Begründung abgesagt, daß es noch kein Bundesergebnis gibt. Die AVH will sich am Ergebnis auf Bundesebene orientieren und die Mitgliederbefragung sowie die Entscheidung der Bundestarifkommission abwarten, bevor sie sich überhaupt zu Verhandlungen auf hamburger Ebene einläßt. Wir sind also ebenso direkt vom Schlichterspruch betroffen wie alle anderen KollegInnen auch. Auch wir haben für unsere Aufwertung gestreikt und gekämpft, auch wir befinden uns nach wie vor im unbefristeten Streik, und das bestimmt nicht nur aus Solidarität mit den KollegInnen aus den restlichen Bundesländern!
Das Argument kam auch erst auf, als es Nachfragen gab warum wir nicht mit abstimmen dürfen, ich jedenfalls habe vorher nie gehört, daß unser Streik ausschließlich aus Solidarität geschieht. Das stand weder auf dem Abstimmungszettel zur Urabstimmung, noch wurde es so deutlich auf den diversen Demos und Treffen formuliert. Und ich glaube nicht, daß wir so viele KollegInnen über so lange Zeit im Streik gehabt hätten wenn sie gewußt hätten, daß sie nicht auch für sich selbst und ihre Forderung nach Aufwertung streiken.

Könnte es sein, dass...

 

Könnte es sein, daß hinter dem Ausschluß von der Mitgliederbefragung die Absicht steckte uns hamburger KollegInnen den Wind aus den Segeln zu nehmen? Als es in die Schlichtung ging waren viele KollegInnen sehr enttäuscht und ernüchtert, denn mit diesem Schritt hatte nach den Streikwochen, so wie sie gelaufen waren, niemand gerechnet. Der Frust war groß und wurde auch kundgetan. Auf der Streikdelegiertenkonferenz in Frankfurt/Main sprachen sich die allermeisten Delegierten gegen die Annahme des Schlichterspruchs aus. Vorher hatte Frank Bsirske öffentlich für eine Annahme des Schlichterspruchs plädiert, nach dem Motto "lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach". Dieser Auffassung sind die Delegierten und auch die meisten Mitglieder nicht gefolgt, auch wenn alle unter dem Druck der Eltern der Kitakinder und der Medien gestanden haben. Das Ergebnis der Schlichtung ist eine Beleidigung für die Beschäftigten des SuE und von Aufwertung weiter entfernt als die Erde von der Sonne. Da der Vorstand es anscheinend nicht hinnehmen konnte und wollte, daß die Streikdelegiertenkonferenz mit dem Ergebnis zuende geht, daß der Schlichterspruch abgelehnt ist, wurde, quasi um Zeit zu gewinnen, das Instrument "Mitgliederbefragung" eingesetzt. Denn niemand kann ernsthaft etwas dagegen haben wenn die Mitglieder nach ihrer Einschätzung des Schlichterspruchs gefragt werden. Diese Befragung ist nicht bindend für die Bundestarifkommission (BTK) und hat auch sonst keinerlei rechtliche Relevanz. Sollte das Votum der Mitglieder jedoch deutlich NEIN heißen, so wird sich die BTK nach Aussage des Vorstands an diesem Votum "orientieren". In den Bezirken in denen die Mitglieder befragt werden besteht aufgrund der Befragung natürlich immer noch ein  Kontakt der streikenden KollegInnen untereinander und zu verdi. Die KollegInnen beschäftigen sich mit dem Schlichterspruch und mit möglichen Konsequenzen einer Annahme oder Ablehnung. In Hamburg gab es ein Streikaktiventreffen, das leider sehr viel schlechter besucht war als die Treffen während des aktiven Streiks, auf dem das Ergebnis der Schlichtung "erklärt" wurde. Die Luft ist raus, es gibt zwischendurch keine Informationen was in anderen Bundesländern oder Bezirken läuft, der Alltag ist eingekehrt, die Kitas haben Schließzeiten und viele KollegInnen sind im Urlaub. Die Teilnahme an der Abstimmung hätte uns in Spannung gehalten und uns evtl. die Zeit bis zum Verhandlungsbeginn mit der AVH aktiv überbrücken lassen. So sind die meisten frustriert und enttäuscht, daß sie nicht an der Befragung teilnehmen dürfen und wenden sich von einem aktiven Engagement wieder ab. Schade - aber war das nicht absehbar? War das vielleicht sogar beabsichtigt? Die ganze Streikenergie und -motivation bei Verhandlungen mit der AVH wieder aufzubauen wird sehr schwer sein, evtl. ist es ja auch gewünscht, daß diese Verhandlungen quasi unbemerkt von der Öffentlichkeit und unbegleitet von Streiks über die Bühne gehen. Dann wird das Bundesergebnis (so es denn eines gibt), still und leise übernommen, wir hamburger KollegInnen werden froh sein sollen, daß es ein paar Almosen gibt (nicht für alle, aber für ein paar von uns) und ansonsten auf die allgemeinen Tarifverhandlungen im März 2016 warten. 
Das alles geht mir an Gedanken zu den Gründen für den Ausschluß der hamburger KollegInnen von der Mitgliederbefragung durch den Kopf. Und noch etwas: Hat da jemand (auf Bundesebene) etwa Angst vor dem Votum der hamburger Basis? Die Hauptamtlichen hier in Hamburg jedenfalls haben gemeinsam mit uns für unsere Aufwertung gekämpft und unsagbar viel Energie und Engagement aufgebracht. Ich kann und will nicht glauben, daß sie das, was sie uns jetzt im Namen des Bundesvorstands als "Erfolg" verkaufen sollen/müssen wirklich als Aufwertung und Erfolg sehen.


Das Objekt der Begierde

 

Donnerstag, 23. Juli 2015

Wieso, weshalb, warum... Von der Wiege bis zur Bahre Sozial- und Erziehungsdienst

Es gab vier Wochen einen aktiven Streik im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) zur Aufwertung der Berufe all der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten. Für die meisten Medien und sogenannten Meinungsmachenden und somit auch für die Öffentlichkeit reduzierte sich dieser vielfältige Bereich auf die Kitas und Krippen. Doch mit den Kitas und Krippen fängt es erst an, die vielen, meist unsichtbaren, Bereiche des SuE die in der Berichterstattung nicht oder nur sehr, sehr selten vorkamen, begleiten fast jeden von Beginn an bis (fast) zum Ende des Lebens. Glauben Sie nicht? Stimmt aber!

Wo wir sind und was wir tun

 

Kita ist nicht alles, Kita ist nur der Anfang. Der SuE umfaßt neben den immer im Fokus stehenden Kitas und Kinderkrippen auch die Nachmittagsbetreuung in Ganztagsschulen, Horte, Schulsozialarbeit, Inklusionsbegleitung, Erziehungsberatung, Jugendämter, Häuser der Jugend, Kinder- und Jugendheime und -Wohneinrichtungen, Mutter-und-Kind-Heime, Wohneinrichtungen Werkstätten und Tagesförderstätten für Menschen mit Behinderung, Streetwork, Drogenberatungsstellen und Einrichtungen für Drogensüchtige und Ex-Drogenabhängige, Obdachloseneinrichtungen, Resozialisierungsprojekte für Strafgefangene, Einrichtungen für psychisch Kranke, Flüchtlingshilfe (z.B. Erstaufnahmestellen), Sozialarbeit und -beratung in Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen, Kureinrichtungen für Kinder und Mütter, Frauenhäuser, Babyklappen, und und und (ich habe hier bestimmt einiges vergessen).

Wir sind KinderpflegerInnen, Sozialpädagogische AssistentInnen, HeilerziehungshelferInnen, ErzieherInnen, HeilerzieherInnen, HeilerziehungspflegerInnen, KindheitspädagogInnen, SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen.

Wir arbeiten von Montag bis Freitag oder an 365 Tagen im Jahr, an Wochenenden und Feiertagen, zu festen Zeiten, im Schichtdienst, nachts und früh morgens, im Bereitschaftsdienst oder mit Rufbereitschaft, in Vollzeit, oft in Teilzeit.

Wir sind gut qualifiziert, während unserer Ausbildung verdienen wir nichts ,außer evtl. ein Praktikumsgehalt im Anerkennungsjahr (die ErzieherInnenausbildung dauert z.T. fünf Jahre), wir sind engagiert, motiviert und hochprofessionell.

Wir arbeiten...

für die Gesellschaft

Wir sind...

richtig gut!

Wir fordern...

Aufwertung jetzt!

Bitte!

Danke!