Freitag, 7. August 2015

Nach der Befragung ist vor der Konferenz

 

Gedanken darum wie es nach der Mitgliederbefragung weiter geht


Vor zwei Tagen endete die (fast) bundesweite Mitgliederbefragung von verdi und es tut sich wieder was in den Foren, in den Gruppen im Netz und vor Ort und unter den KollegInnen in den Teams auf Arbeit. Fast habe ich das Gefühl ein Winterschlaf wird beendet. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung wird offiziell am Samstag den 8.8.2015 auf der Streikdelegiertenkonferenz in Fulda bekannt gegeben. Die einzelnen Bezirke kennen ihre Antwort auf die Frage "Schlichterspruch ablehnen oder annehmen" schon, aber das Gesamtergebnis soll diesmal wirklich erst den Delegierten und danach der Presse mitgeteilt werden (und nicht umgekehrt.). Wann die restlichen Mitglieder vom Ergebnis erfahren ist anscheinend nicht einheitlich festgelegt, ich hoffe jedoch, daß es allerspätestens am Montag den 10.8.2015 ein Rundmail mit dem Ergebnis an alle Mitglieder geben wird. Die Presse wird bestimmt bereits am Samstagabend oder am Sonntag berichten. Die Stimmung im Netz sagt "Ablehnen und weitermachen!", die KollegInnen vor Ort sagen "Wir haben (HH: hätten) mit Nein gestimmt", die Gewerkschaftsführung sagt derzeit gar nichts, läßt aber durch die Hautpamtlichen darauf hinwirken den Schlichterspruch anzunehmen. Sicher wird sein, daß die Gewerkschaftsführung auf der Streikdelegiertenkonferenz wieder darauf hinaus will, daß der alle Beschäftigten im SuE beleidigende Schlichterspruch angenommen wird. Sicher ist aber auch, daß viele von uns das nicht wollen. Die Stimme der Delegierten muß Gehör auf den oberen Ebenen der Gewerkschaft finden und die Entscheidung der Mitglieder sollte nicht nur eine Orientierung, sondern bindend für die Entscheidung der BTK für oder gegen eine Annahme des Schlichterspruchs sein. Und es muß die notwendige Auseinandersetzung mit dem Vorgehen der Gewerkschaftsführung mit den Delegierten auf der letzten Konferenz in Frankfurt/M. geben, die fast allen immer noch übel aufstößt und die Stimmung unter den Streikenden wirklich sehr verschlechtert hat. Die sog. Basis will und muß ernst genommen werden, denn es gibt viele, die sich derzeit verraten und verkauft fühlen und sich fragen, warum wir überhaupt so viel Energie in eine Sache gesteckt haben, die zwar uns wichtig ist, nicht aber der "oberen Etage", und die dann einfach fallen gelassen wird wenn der "Unterbau" nicht so funktioniert wie es gewünscht wird.

Wir brauchen einen Status Quo der uns stark und mächtig macht und eine "Führung" die mutig ist

 

Wir wollen eine Aufwertung aller Berufe und Tätigkeiten im SuE, und wir wollen sie nicht irgendwann in näherer oder ferner Zukunft, sondern jetzt! Wir wollen mit Würde und mit erhobenen Häuptern aus diesem Arbeitskampf gehen, egal wie das Ergebnis aussieht, und wir sind nicht darauf aus noch heute, in dieser Woche oder in diesem Monat ein Ergebnis zu haben, nur damit es ein Ergebnis gibt. Es war und ist den meisten der Streikenden klar, daß eine Aufwertung nicht leicht zu bekommen ist, es ist uns auch klar, daß die VKA (und in Hamburg die AVH) alles dafür tun wird unsere Arbeitskraft weiterhin für ein Kinder- oder KlientInnenlächeln und ein Käfighaltungsei zu bekommen. Aber viele von uns sind nicht mehr bereit sich unter Wert zu verkaufen und unsere Arbeitskraft so günstig zur Verfügung zu stellen. 
Wenn das Ergebnis der Mitgliederbefragung "Ablehnen!" heißt, dann sollte auch die BTK und die Gewerkschaftsführung mutig genug sein den Schlichterspruch abzulehnen, mit allen Konsequenzen. Denn die Konsequenzen sind nicht so schlimm wie man uns glauben machten möchte. Es ist richtig, daß wir derzeit keine tarifliche Regelung für die Eingruppierung von neu eingestellten KollegInnen haben und einige Arbeitgeber dies bereits dazu nutzen um Neueinstellungen unter Tarifniveau vorzunehmen (Betriebsräte sollten solche Einstellungen ablehnen!). Für alle bereits eingestellten KollegInnen gilt aber der Bestandschutz der bisherigen Regelungen. Was kann denn passieren wenn wir den Status Quo des unbefristeten Streiks beibehalten? Unbefristeter Streik heißt nicht, daß alle Einrichtungen des SuE dauerhaft bis zur nächsten Urabstimmung bestreikt werden müssen, unbefristeter Streik heißt, daß wir jederzeit und ohne große Vorbereitungen ganz oder in Teilen den Streik wieder aufnehmen können, tageweise, wochenweise, in bestimmten Bereichen oder in einzelnen Betrieben. Es heißt, daß wir uns die Zeit nehmen können in Ruhe und ohne Druck miteinander nach Wegen zu suchen die uns zum Ziel führen. Es heißt auch, daß wir den Druck von den Hautpamtlichen in den Bezirken nehmen und uns Raum und Zeit für gründliche Diskussionen nehmen können um alle Mißstände im SuE in großen oder kleinen Gruppen zu benennen und Vorschläge für die nächsten Tarifverhandlungen zu machen. Wir können uns bundesweit vernetzen und mit dem Status "unbefristeter Streik" haben wir bessere Möglichkeiten auch bundesweite und bezirksübergreifende Treffen von Mitgliedern zur Koordination von Aktionen und zum Austausch untereinander zu organisieren und durchzuführen.
Dazu brauchen wir neben möglichst vielen aktiven Beschäftigten aus dem SuE vor allem eine Gewerkschaftsführung die stark und willens genug ist den wahrscheinlich sehr langen und unbequemen Weg zu einer wirklichen Aufwertung des SuE zu gehen. Die sich vor die Beschäftigten stellt und in der Öffentlichkeit präsent ist und unsere Anliegen deutlich vertritt, die mutig genug ist dem Mainstream der Berichterstattung entgegenzutreten und eine politische Debatte in Angriff zu nehmen (auch entgegen ihrer ggfs ureigensten persönlichen Interessen) die unsere Anliegen zum Anliegen der Gesellschaft macht für die wir arbeiten. Die GDL hat es vorgemacht, es hat 1,5 Jahre gebraucht um ihre Forderungen durchzusetzen, 1,5 Jahre in denen nicht durchgehend gestreikt, aber immer wieder auf den noch nicht gelösten Tarifstreit aufmerksam gemacht wurde. 1,5 Jahre in denen die meisten Berichte über den Arbeitskampf die GDL und ihre Mitglieder niedergeschrieben haben und der Anteil der Arbeitgeberseite an den langen und oft stockenden/stillstehenden Verhandlungen kaum in der Berichterstattung in Erscheinung trat. Trotz des starken Gegenwinds und der z.T. wirklich unterirdischen Berichterstattung haben die LokführerInnen und ihre Gewerkschaft nicht aufgegeben und sich mit dem kleinen Spatz in der Hand in ihr Schicksal gefügt, sie haben gekämpft bis die Taube vom Dach war. Und das wollen wir auch! 

Wer nicht bereit ist diesen Weg mit uns zu gehen ist, bei Licht betrachtet, auch nicht an einer wirklichen Aufwertung unserer Berufe und Tätigkeiten interessiert. Wer dann welche Konsequenzen aus der eventuellen Aufgabe des Kampfes für unser wichtiges Anliegen zieht ist jeder und jedem selbst überlassen, doch Konsequenzen werden gezogen werden, und ich hoffe, daß es im Fall einer Annahme des Schlichterspruchs nicht zu dem (für mich nachvollziehbaren) Mitgliederschwund kommt der im Netz jetzt schon angekündigt wird...


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